Lisbon Story

Kabeljau Route

Aus einem Land, das selbst weite Küsten hat, reiste man wegen eines getrockneten Fischs bis ans Ende der Welt. Heutzutage nimmt der Bacalhau in der Gastronomie, der Kultur und der Geschichte Portugals eine zentrale Stellung ein

Über diese Route

Die Geschichte des Bacalhau

Die Geschichte des Bacalhau

Der Kabeljau wurde von den Wikingern entdeckt, die ihn in großen Mengen aus den kalten Gewässern der nördlichen Meere fischten. Er wurde in Portugal als das „Brot der Gezeiten“ bezeichnet und ist heutzutage bei den Portugiesen als der „treue Freund“ bekannt.

 

Die einzigartige und schon lange bestehende Verbindung zwischen Portugal, einem dem Meer zugewandten Land, und diesem getrockneten Fisch, der nicht von der eigenen Küste stammt, lässt sich bis ins 14. Jahrhundert nachverfolgen. Schon damals gab es ein Handelsabkommen mit England, das den Tausch von Kabeljau gegen Salz regelte.

 

Im Laufe des Jahres 1500 erreicht eine Expedition der portugiesischen Entdecker auf dem Weg nach Indien die Meere vor der Küste Neufundlands und die portugiesische Kabeljaufischerei beginnt.

 

Doch es dauert nicht lange, bis englische und französische Seefahrer, die die Fischereigründe für sich beanspruchten, die portugiesischen Fischer verdrängten.

 

Viele Jahrhunderte lang war dieser Fisch dem Königshaus und dem Adel vorbehalten. Im 19. Jahrhundert wird er auch ins Landesinnere geliefert, da er gut zu transportieren und zu lagern ist.

 

Am 9. Juli 1920 wird die Companhia Portuguesa de Pesca (die Portugiesische Fischereigesellschaft) von vier kleinen Reedern gegründet, die Schleppnetzfischerei betreiben und von denen jeder ein Schiff besitzt. Sie hat ihren Sitz in den ehemaligen Gebäuden der Fábrica de Algodão da Companhia Lisbonense (Baumwollfabrik der Lisbonense-Gesellschaft), im Kloster São Apulo, am Olho de Boi, in Almada. Zu dieser Zeit erleben die Fischerei und die Konservenfabrikation einen starken Aufschwung.

 

Am stärksten wächst der Kabeljaukonsum jedoch während des politischen Regimes des Estado Novo.

 

Bis zu dieser Zeit musste Portugal einen Großteil des konsumierten Bacalhau importieren. Die landeseigenen Fischereigesellschaften funktionierten nicht gut und der gesamte wirtschaftliche Sektor war schlecht organisiert, unverlässlich und vernachlässigt. Das Volk musste hungern.

Um die Abhängigkeit von Importen und die für die Ernährung der Bevölkerung nötige Menge an Fisch zu garantieren, lässt der Diktator Salazar die Organisation der Kabeljaufischerei zentral vom Staat organisieren. Er fördert die Gründung von Kooperativen und organisiert eine kartellartige Verteilung. So entstand 1934 die berühmte Stockfischkampagne, mit dem Ziel, diesen Fisch zum Grundnahrungsmittel der Portugiesen zu machen.

Die Schiffe, die zum Kabeljaufang von Belém, in Lissabon, aus starteten, waren Logger, also Segelboote mit Motorunterstützung. Sie wurden Bacalhoeiros genannt. Dazu gehörten auch die zum Angeln benötigten Doriboote. Die Transportkapazität lag zwischen 900 und 950 Tonnen gesalzenen Kabeljaus.

Diese Fischereimethode war hart und gefährlich. Die Fischer mussten gegen den Hochseewind und die Hochseewellen ankämpfen, sie mussten mit Eisbergen rechnen und der häufige Nebel erhöhte zusätzlich die Gefahr. Nicht wenige schafften es nicht zurück zum Hauptschiff und starben auf hoher See. Der Wechsel zur Fischerei mit Schleppnetzen und modernen Schiffen kam spät und verlief langsam, was möglicherweise zum Ende dieses Wirtschaftssektors führte.

 

Während des zweiten Weltkriegs wurde die Fischerei von Portugal weitergeführt. Bei einer Atlantiküberquerung wurden die Schiffe „Maria de Gloria“ und „Delães“ der Fischereiflotte von deutschen U-Booten versenkt. Daraufhin wurde in einem Abkommen mit den alliierten Streitkräften entschieden, dass die portugiesische Flotte als Zeichen der Neutralität Portugals und, um sicher vor Angriffen zu sein, weiß gestrichen werden sollte. Deshalb wurde sie auch die „Weiße Flotte“ genannt.

 

Der Creoula, lief am 10 Mai 1937 vom Stapel und legte in den Jahren bis 1973, im Zuge der Kabeljaufischerei bei Neufundland und Grönland, eine zwanzig Erdumkreisungen entsprechende Strecke zurück. Heutzutage ist er, neben drei weiteren Loggern, die bei der Kabeljaufischerei eingesetzt wurden, dem „Santa Maria Manuela“, dem „Argus“ und dem „Gazela“, eines der Schulschiffe der portugiesischen Marine. Sie sind die letzten überlebenden Schiffe dieser Flotte.

Nach dem Krieg wird die Kabeljaufischerei zum Vorzeigemodell des Systems. Im Jahre 1957 stieg Portugal zum weltweit größten Produzenten von getrocknetem und gesalzenem Kabeljau auf, womit 80% der Importe vermieden werden konnten. Der Weizen und der Kabeljau waren zu dieser Zeit die wichtigsten Nahrungsmittel. Auch in der Handelsbilanz des Landes hatten sie einen hohen Stellenwert.

Die Verarbeitung des Kabeljaus begann ursprünglich auf den Schiffen, auf denen er sofort nach dem Fang gesalzen wurde. An Land wurde der Fisch dann gewaschen, um das Salz zu entfernen, und getrocknet, damit er dehydriert. Der Kabeljau wurde im Freien getrocknet, vor allem an der Algarve, vor Lissabon, am südlichen Ufer des Tejo, in Setúbal, Figueira da Foz, Aveiro und Viana do Castelo. Es war normalerweise eine von Frauen verrichtete Arbeit.

Während der Jahrzehnte von 1930 bis 1970 waren die Salinen vom Samouco, bei Alcochete, mit ihrer Fläche von 360 Hektar, die wichtigsten Salinen im Raum Lissabon. Von hier stammt das Salz, mit dem der Kabeljau im weit entfernten Neufundland haltbar gemacht wurde, sowie auch das Salz für die Lager am Cais do Sodré, das dann in der Hauptstadt vertrieben wurde.

Die Sociedade Nacional de Armadores de Bacalhau (die Nationale Gesellschaft für Kabeljaufischei) ist eine von drei Fabriken, die es in Alcochete gab und in denen der Kabeljau getrocknet und vorbereitet wurde. Heutzutage ist nur noch das Eingangsgebäude des gesamten Komplexes erhalten.

Im Jahr 1974 wird die Diktatur in Portugal beendet. Es ist auch das letzte Jahr, in dem eine Flotte Fischereischiffe den Kurs nach Neufundland einschlägt.

Doch bis heute wird der Bacalhau von uns sehr geschätzt und man sagt, es gäbe 1001 Zubereitungsformen und Rezepte für diesen Fisch. Zur Zeit kommen 70% des Kabeljau aus Norwegen und die Portugiesen konsumieren 20% des weltweiten Fangs, in Zeiten, in denen nachhaltiger Konsum, die Klimaveränderung und gastronomische Vielseitigkeit an der Tagesordnung stehen.


Kabeljau Route

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Treuer Freund

Früher “das Brot der Gezeiten” genannt, wird er heutzutage als “treuer Freund” bezeichnet


Der Volksmund sagt, er lasse sich auf 1001 Art zubereiten


Aus einem Land, das selbst weite Küsten hat, reiste man wegen eines getrockneten Fischs bis ans Ende der Welt. Heutzutage nimmt der Bacalhau in der Gastronomie, der Kultur und der Geschichte Portugals eine zentrale Stellung ein


Es ist eines der größten Abenteuer der portugiesischen Geschichte 


Die Entdeckung Neufundlands und das abenteuerliche Fischen des Kabeljaus auf eisiger See


Die Fischereiflotte startete in Belém, in Lissabon, an Bord die kleinen Doriboote, und die tapferen Fischersleute, die der hohen See trotzten


Die Schiffe der Flotte waren weiß angestrichen. Auf diese Weise signalisierten sie während des Zweiten Weltkriegs die Neutralität Portugals und konnten so den Atlantik sicher durchqueren, weshalb sie auch “die Weiße Flotte” genannt wurden


Die heutzutage zur portugiesischen Marine gehörenden Schiffe „Creoula“ und „Santa Maria Manuela” sind die einzigen noch existierenden Schiffe dieser Flotte


Von den Salinen vom Samouco stammt das Salz für das Konservieren des Kabeljaus auf hoher See 


Im Interpretationszentrum zur Geschichte des Stockfischs tauchen wir in diese jahrhundertealte Geschichte ein


Auf unserer gastronomischen Reise kreuzen wir weiter Richtung zeitgenössischer Geschmackskreationen


Um schließlich am Restaurant D' Bacalhau Anker zu werfen


Danach stechen wir erneut auf See, mit dem Ziel, die historischen Lebensmittelläden Rei Do Bacalhau, Pérola do Arsenal und Manteigaria Silva zu erkunden


In denen der Bacalhau König ist


Bevor wir Leine lassen, erinnern wir uns an die Worte von Eça de Queiroz


„Meine Romane sind im Grunde genommen französische Romane, so wie ich sonst auch in fast Allem ein Franzose bin – außer in meiner tiefliegenden, lyrischen Traurigkeit, dies ist ein portugiesischer Charakterzug, und in meiner unverschämten Vorliebe für Fado und der selbstverständlichen Leidenschaft für Bacalhau de Cebolada (Stockfisch mit Zwiebelringen)". 

Die 10 bekanntesten Rezepte

Die 10 bekanntesten Rezepte

1 – Bacalhau à Brás

Es ist eine Art Neuinterpretation der „Fish and Chips“ und wird als ein für Einsteiger geeignetes Stockfischrezept gesehen. Der vorgekochte Stockfisch wird entgrätet, zerpflückt und mit Strohkartoffeln, Zwiebeln und Ei gedünstet. Schwarze Oliven und gehackte Petersilie garnieren diesen goldfarbenen Leckerbissen. Es ist vielleicht das populärste aller Bacalhau-Rezepte.

2 – Bacalhau com Natas (Stockfisch in Sahnesoße)

In diesem cremigen Auflauf umschmeicheln Sahne und würzige Béchamelsoße den mit gedünsteten Kartoffeln und Zwiebeln vereinten Kabeljau. Eine unwiderstehliche Variante kommt mit einem Topping aus gratiniertem Käse daher!

3 – Bacalhau à Gomes de Sá

Dieses Rezept aus dem Norden Portugals wird José Luís Gomes de Sá zugeschrieben. Der zuvor in Milch eingeweichte Stockfisch wird in lammellenartige Stücke zerpflückt und mit gekochtem Ei, schwarzen Oliven und Petersilie serviert.

4 – Pataniscas de Bacalhau (Stockfischbratlinge)

Diese unwiderstehlichen herzhaften Teilchen können sowohl als „Amuse-Gueule“ als auch, in der klassischen Variante, zu einem saftigen Bohnenreis gereicht werden. Der zerpflückte Stockfisch wird mit Mehl und Eiern verrührt, mit Salz, Pfeffer und Petersilie gewürzt, und die aus dieser Masse geformten „Pataniscas“ werden schließlich frittiert.

5 – Bacalhau à Lagareiro (Stockfisch mit Knoblauch-Olivenöl)

Dieses Rezept ist dem kostbaren Olivenöl gewidmet. Der Bacalhau schwimmt regelrecht in diesem Gold der Olivenhaine, umgeben von Rübengrün und Ofenkartoffeln. Der rohe Knoblauch verleiht diesem sehr beliebten Gericht eine ganz besondere Note.

6 – Bacalhau à Zé do Pipo

Dies ist ein weiteres Autorenrezept. Der Bacalhau wird hier mit einer Mischung aus Mayonnaise, Kartoffelpüree, roter Paprika, Lorbeer und Oliven verfeinert. Eine Kreation aus dem Jahre 1940, die seitdem zu den beliebtesten Bacalhau-Rezepten gezählt wird.

7 – Bacalhau de Cebolada (Stockfisch mit Zwiebelringen)

Bei diesem traditionellen Gericht werden die Kabeljau-Mittelstücke in Eiern und Mehl gewendet und dann frittiert. Gewürzt wird mit Pfeffer, süßem Paprikapulver, Lorbeerblättern, Salz und Tomatenmark. Der Bacalhau wird, auf Bratkartoffeln in Scheiben gebettet und mit in Olivenöl frittierten Zwiebelringen bedeckt, auf einer Servierplatte angerichtet. Eine unwiderstehliche Köstlichkeit!  

8 – Bacalhau Assado (Gebratener Stockfisch)

Hier präsentiert sich der Bacalhau auf die einfachste Art, für alle, die nicht viel Schnickschnack mögen. Dieser authentischste aller Bacalhaus wird auf dem Grill oder im Ofen gebraten. Bratkartoffeln begleiten das hohe, mit Olivenöl verfeinerte Mittelstück. Was braucht man mehr?

9 – Bacalhau Cozido (Gekochter Stockfisch)

Wenn eines zu Weihnachten in Portugal nicht fehlen darf, so ist dies der Bacalhau. Gekocht ist er beim großen Familienessen der König unter den Weihnachtsgerichten. Er wird zusammen mit Eiern, Kichererbsen, Kohl und Kartoffeln gekocht, und, wie sollte es anders sein, mit Olivenöl abgerundet.

10 –Pastéis de Bacalhau (Stockfisch-Bällchen)

Dies ist das begehrteste der beliebten herzhaften Teilchen, die in den Cafés in ganz Portugal angeboten werden. Selbst wer keinen Fisch mag, wird diesem aus Stockfisch und Kartoffeln geformten Leckerbissen kaum widerstehen. Denn der Bacalhau ist in Portugal etwas Besonderes. Kein Fisch, kein Fleisch, es ist einfach Bacalhau!

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