Lisbon Story

Rundgang Saramago

1998 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen.

Über diese Route

Biographie José Saramago

José Saramago wurde am 16. November 1922 in Azinhaga, einem kleinen Dorf im Ribatejo, so bescheiden wie seine Familie, geboren. Obwohl er in einem Elternhaus ohne Bücher aufwuchs, begeisterte er sich früh für sie. Seinen ersten Kontakt mit der Literatur hatte er in der Schule, später jedoch, als er den Unterricht aufgeben musste, um als Schlosser und Mechaniker zu arbeiten, brachte ihn seine offensichtliche Faszination für die Geisteswissenschaften dazu, die Stadtbibliothek regelmäßig zu frequentieren.

Der Hunger nach Bildung machte aus dem jungen Saramago einen Autodidakten und auch einen Mann, der sich den Themen seiner Zeit verschrieb. Als Gegner des Salazar-Regimes trat er 1969 der Kommunistischen Partei Portugals bei. Er war auch ein harter Kritiker der katholischen Kirche, die bevorzugte Zielscheibe einiger seiner späteren Werke wie „Das Memorial“ (1982), „Das Evangelium nach Jesus Christus“ (1991) und „Kain“ (2009).

Bis er sich ganz einer literarischen Karriere verschrieb, etwa ab 1976, übte er verschiedene Berufe aus. Er war Zeichner, Angestellter im Gesundheitswesen und in der Sozialversicherung, Übersetzer, Herausgeber und Journalist.

Sein erster Roman, „Terra do Pecado” stammt aus dem Jahr 1947. 19 Jahre dauerte es bis zur nächsten Veröffentlichung, dieses Mal ein Gedichtband, „Poemas Possíveis“. In den darauffolgenden Jahren schrieb er regelmäßig und vielseitig und schuf Werke in so unterschiedlichen Gattungen wie Lyrik, Roman, Erzählung und Theater.

Als Autor anerkannt wurde er durch den Erhalt des Literaturpreises der Stadt Lissabon für seinen Roman „Hoffnung im Alentejo“, der zum internationalen Bestseller wurde. Für den Roman „Das Memorial“ (1982), das als sein ironischstes Werk gilt, erhielt er die Auszeichnung des portugiesischen PEN-Clubs. „Das Todesjahr des Ricardo Reis“ (1984) wurde mit dem Preis der portugiesischen Literaturkritik, dem Dom-Dinis-Preis, dem Literaturpreis der Zeitung The Independent und erneut mit dem Preis des portugiesischen PEN-Clubs ausgezeichnet.

Ein Jahr später wird dem Schriftsteller der Orden des heiligen Jakob vom Schwert, in der Ordensklasse Kommandeur, verliehen (1998 wird er zum Großkreuzer desselben Ordens ernannt, eine Ehre, die in der Regel Staatsoberhäuptern vorbehalten ist). 1995 erhält er die höchste Auszeichnung des portugiesischen Kulturschaffens, den Camões-Preis, und wird drei Jahre später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Mit seinem in 42 Sprachen übersetzten Werk findet der Autor ab 2008 und mit der Verfilmung seines Romans „Die Stadt der Blinden“ (1995) unter der Regie von Fernando Meirelles auch in der Welt des Films Anerkennung. 2010 folgt die Kinofassung einer Erzählung aus seinem Buch „Der Stuhl und andere Dinge“, die die Grundlage für den Film „Embargo“ des portugiesischen Regisseurs António Ferreira lieferte.

In zweiter Ehe mit der spanischen Journalistin Pilar del Rio verheiratet, entschloss sich Saramago 1993, seinen Wohnsitz auf die kanarischen Inseln, nach Lanzarote zu verlegen. Immer aufmerksam auf die ihn umgebende Welt blickend, hielt ihn sein literarisches Schaffen nie davon ab, sich den Dingen, die ihn bewegten, zu widmen. 2007 gründete er die Stiftung José Saramago für die Wahrung und Verbreitung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und für Umweltprobleme, jedoch erlebte er die Eröffnung 2012 in der Lissabonner Casa dos Bicos nicht mehr.

Saramago starb in Spanien, am 18. Juni 2010, doch die Stiftung in seinem Namen hält unter der Leitung seiner Frau, Pilar del Rio, sein kulturelles und soziales Projekt lebendig. 

Zusammenfassung "Das Memorial"

“Das Memorial”, 1982 veröffentlicht, ist der bekannteste Roman José Saramagos. Er ist in mehr als 20 Sprachen übersetzt, in über 50 Ausgaben erschienen und behandelt ein immer wiederkehrendes Thema im Werk dieses Schriftstellers: den Gegensatz zwischen Reichen und Armen, zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten. Die Handlung spielt im 18. Jahrhundert während der Regentschaft des Königs D. João V., der das Kloster von Mafra erreichten ließ, dieses gigantische Bauwerk, das mit dem Gold aus der damaligen Kolonie des portugiesischen Weltreichs Brasilien finanziert wurde. Der Gegensatz zwischen dem königlichen Größenwahn und dem Elend des Volks, das dieses Monument erbaute, zieht sich durch das ganze Werk, von Saramago mit spitzer Feder geschrieben. Und mittendrin, wie könnte es anders sein, eine überwältigende Liebesgeschichte.

Figuren des romans "Das Memorial"

Blimunda de Jesus oder Blimunda Sieben-Monde

Eine junge Frau aus dem Volk, sie hat die Gabe, in das Innere der Menschen zu sehen und ihre Wünsche zu verstehen. Wie der Erzähler schreibt, hat die Heldin von “Das Memorial” diese außergewöhnlichen Kräfte im Bauch der Mutter erworben, wo sie die ganze Zeit mit offenen Augen war. Sie lernte Baltasar bei einem Autodafé kennen, und dort entstand sofort die Liebe für das ganze Leben.

Baltasar Mateus oder Baltasar Sieben-Sonnen

Das Heer ließ ihn während des Spanischen Erbfolgekriegs zurück, als er die linke Hand verlor. Er lernt Blimunda kennen, als er nach Lissabon kommt, es war Liebe auf den ersten Blick. Ein einfacher Mann, treu und zärtlich, der mit der Ergebenheit der Bescheidenen akzeptiert, was das Leben ihm bietet. Er wird bei einem Autodafé auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

D. João V (König Johann V.)

Er wird als Karikatur dargestellt, vor allem wenn seine weniger würdevollen Seiten beschrieben werden. Er repräsentiert die absolute Macht, wobei die Ziele die Mittel heiligen. Auf seinen Befehl hin beginnt das größenwahnsinnige Projekt des Klosterbaus von Mafra unter dem Vorwand, dass dieses Werk ein Gelöbnis an den Klerus sei, um einen Thronfolger zu bekommen.

Maria Anna von Österreich

Sie ist eine Frau ihrer Zeit: aus Vernunftgründen ist sie mit D. João V. verheiratet, in dieser Verbindung ohne Liebe bleibt ihr als einzige Bestätigung die Mutterschaft. Deshalb ist sie besessen von ihrer Fruchtbarkeit, und als sie nach langen und angstvollen Gebeten schwanger wird, glaubt sie, von Gott schwanger zu sein. Ihr Schwager bringt sie auf sündige Gedanken, dadurch fühlt sie sich schuldig und verdoppelt ihre unendlichen Gebete.

Sebastiana Maria de Jesus

Von Neuchristen abstammend, wurde sie von der Inquisition verfolgt und verurteilt. Der Blasphemie und des Ketzertums beschuldigt, wird sie zu einem Autodafé auf dem Rossio gebracht, um ausgepeitscht und anschließend nach Angola deportiert zu werden. So verabschiedet sie sich von ihrer Tochter Blimunda, aber durch Telepathie, um sie nicht öffentlich bloßzustellen. Und durch ihre Vermittlung lernt diese Baltasar kennen.

Pater Bartolomeu de Gusmão

Pater Bartolomeu ist vom Geist der Wissenschaft geprägt und nicht vom religiösen Fanatismus seiner Zeit. Er träumt vom Bau einer Flugmaschine, deshalb trägt er auch den Spitznamen “der Flieger”. Anfangs genießt er königlichen Schutz, um sein kühnes Projekt zu verfolgen, aber dann steht er alleine da, und ihm bleibt nur noch die Unterstützung seiner treuen Freunde Baltasar und Blimunda. Er kann sich in die Lüfte erheben, aber er wird von der Inquisition verfolgt, die ihn der Hexerei beschuldigt. Er flieht nach Spanien, wo er stirbt. Im Gegensatz zu anderen Figuren aus “Das Memorial” hat Bartolomeu de Gusmão wirklich existiert.

Domenico Scarlatti

Er übte zwischen 1720 und 1729 am portugiesischen Königshof die Funktionen des Kapellmeisters und Professors aus. Obwohl er vom König verpflichtet wurde, zeigt er genügend Geistesfreiheit, um heimlich das Projekt des Luftschiffs zu begleiten, und einmal gelingt es ihm sogar, Blimunda, deren Freund er wurde, mit seiner Musik zu heilen. So wie Bartolomeu de Gusmão hat auch diese Figur, obwohl sie in “Das Memorial” neu erfunden wird, wirklich existiert.

Das Volk

Das schwächste Glied in der Kette. Es besteht aus mittellosen Menschen, die den härtesten Prüfungen ausgesetzt sind. Manchmal gehen aus ihm überraschende Figuren hervor, voller Mut und Kraft, getrieben von reinen Gefühlen wie Liebe und selbstloser Freundschaft. So wie Blimunda und Baltasar, Beispiele des Edelsten der menschlichen Natur.

Der Klerus

José Saramago ist unerbittlich, wenn es um die katholische Kirche geht, die er mehrmals in seinen Werken anvisiert. In “Das Memorial”, dessen Handlung auf dem Höhepunkt der Inquisition spielt, wird die Spur des Unheils der Mächtigen deutlich sichtbar. Der Klerus erscheint als erschreckend grausame, verlogene und machthungrige Angehörige des geistigen Standes.

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